Es gibt mindestens zwei Arten von Weltreisenden – die ohne Auto und die mit. Melanie und Stefan von 5c100c – kurz für „5 continents 100 countries“ – gehören zu letzteren. Und sie reisen nicht etwa mit einem besonders geländegängigen Wagen, nicht mit Allrad-Antrieb und für den Durchschnitts-Europär auch zu klein um darin zu übernachten. Sie reisen mit 72-75 Saugdiesel-PS, Heckantrieb und (Zelt-)Anhänger, mit dem ersten Mittelklasse-Fahrzeug der damaligen Daimler-Benz AG – dem W201. Unterwegs sammeln sie Unterschriften von jedem, der ihnen unterwegs hilft, auch mit Kleinigkeiten, auf dem W201 – sogar die von Dieter Zetsche ist dabei.
Wir haben Melanie und Stefan in einer Art Interview 10 Fragen zu deren Reise mit besonderem Bezug zu deren Fahrzeug gestellt. Weil es uns nunmal interessiert, wie so eine Weltreise in und mit einem guten alten W201 aussieht.
Frage 1: Gab es Probleme, die ihr nicht alleine lösen konntet? Wenn ja, welche und wie habt ihr sie letztlich gelöst?
Davon gab sicher einige. Das liegt nicht daran, dass das Auto schwach ist, sondern wir keine Mechaniker sind. Ich komme aus der Gastronomie und hatte vor unserer Reise null Ahnung von Autos. Wir können nicht mal einen Reifenwechsel im Moment (weil der Schlüssel ausgeleiert ist und ich die Schrauben nicht auf bekomme). Aber das ist alles nicht so schlimm weil weltweit gibt es überall nette Menschen die einem sofort zu Hilfe eilen.
Eine Geschichte müssen wir erwähnen, wo sogar wir gedacht haben jetzt ist es vorbei, und diese Geschichte spielt in Kolumbien. Wir sind an einem Strand unglücklich auf einen Palmenstumpf aufgesessen, und haben uns komplett die Ölwanne zerstört. Mit einem Schlag war der Motor aus und 6 l Öl heraußen. Sogar mir als Wirt war die Lage bewusst, dass das kritisch wird. Zudem musste das Auto in vier Tagen in einen Container gefahren werden zum verschiffen. Man schleppte uns in eine Autowerkstatt, heben den Motor 20 cm an um die Ölwanne zu entfernen. Danach wurde alles gereinigt Aluminium geschweißt, zusammengebaut, neuer Filter, neues Öl. Wir durften auch zwei Nächte in der Werkstatt zelten. Bei uns für wäre so etwas ein Totalschaden. Hier kostet das 110 € inklusive Ölfilter und zwei Tage Arbeit.
Frage 2: In welchen Situationen hättet ihr euch ein anderes Fahrzeug gewünscht, wenn überhaupt, und welches Fahrzeug wäre das gewesen?
Würden unseren Benz nie tauschen. Mit den Unterschriften fällt er halt relativ auf und manchmal möchte man gerne incognito sein. Und unser 16 m² Luxuszelt ist auch nicht so geeignet für die Innenstädte. Hier wäre vielleicht ein Van, ein Sprinter nicht schlecht.
Frage 3: Wie hilfsbereit waren Werkstätten/Mechaniker, musstet ihr unterwegs für Reparaturarbeiten etwas bezahlen und wenn ja, wie in welchem finanziellen Rahmen?
Diese Frage ist nicht leicht generell zu beantworten, da wir bereits auf vier Kontinenten gereist sind. Erstens hatten wir das Glück, dass Mercedes ein paar Services für uns gemacht hat im Austausch für eine Unterschrift. In vielen Ländern war es auch sehr günstig, so wie in Marokko. Dort bekommt man vier neue Bremsen schon für 50 €. Aber das Beste sind Länder wie Kolumbien oder Guatemala wo wir ständig eingeladen wurden, aber diese Geschichten sind ein eigenes Kapitel für sich.
Frage 4: Wie habt ihr die nächtliche Beheizung in kühleren Regionen realisiert?
Wir haben bei bis zu -15° am Salar de Uyuni und ein paarmal bei -10 in der Mongolei gecampt. Was hilft sind mal gute Decken. Zum heizen haben wir einfach Spiritus verwendet und ein kleines Lagerfeuer im Zelt gemacht. Mit 1l Spiritus konnten wir einen Abend lang heizen, am Schluss ein bisschen mehr dass es heiß war zum umziehen und dann ab in die Decke, gut ist es. Und da unser Zelt wenn es geschlossen ist wie ein Wintergarten wirkt, reichen ein paar Sonnenstrahlen am Morgen.
Frage 5: Wie lief bei euch die Navigation ab?
Maps.me funktioniert super, absolut kostenlos. Außer in China, aber da hatten wir einen Guide.
Frage 6, fahrzeugspezifisch: Haben euch Rostprobleme, besonders an Wagenheberaufnahmen, verfolgt?
Gute spezielle Frage. Eigentlich nicht da mein Auto in einem super Zustand war wie wir losgefahren sind. Na ja TÜV und Papiere hat er nicht mehr bekommen. Leider waren wir in Bolivien noch nicht bei jedem Mechaniker live dabei, und einer hat einen komischen Wagenheber durch das Metall rein gedrückt, und seitdem haben wir da unten ein großes Loch, was vor sich hin rostet. Seitdem schauen wir immer was die Leute bei unserem Auto machen.
Frage 7, fahrzeugspezifisch: Wie habt ihr euch mit Anhänger und Heckantrieb durch matschiges und schweres Gelände „gearbeitet“?
Da sich alles bewegen/drehen lässt und der Radstand relativ kurz ist, sind wir recht geländegängig. Für eine Strecke zu einer Therme in der Mongolei haben wir für 12km, sage und schreibe 4 Stunden gebraucht. Und auch in den Anden wo wir einmal in einen Schneesturm gekommen sind, war der Heckantrieb nicht so schlecht weil durch den Anhänger die ganze Last auf der Hinterachse ist, so dass wir immer gut Vortrieb hatte.
Frage 8, fahrzeugspezifisch: Welche Motorisierung hatte euer Fahrzeug und hattet ihr ein mulmiges Gefühl in abgelegenen Regionen oder an fragwürdigen Tankstellen zu tanken? Sofern ihr eine Dieselvariante hattet: Seid ihr zeitweilig Pflanzenöl oder andere „alternative Kraftstoffe“ gefahren?
Eigentlich braucht man keinen Zusatztank nicht einmal in der Mongolei. Wir fahren mit der 2 l Maschine, Vierzylinder, ohne Turbo ohne Schnickschnack. Wir sind nicht die schnellsten aber dieser Motor tuckert für immer.
Es gibt weltweit LKWs und Traktoren, all diese laufen mit Diesel. Darum ist die weltweite Dieselversorgung garantiert. In Bolivien wollten die uns den nicht verkaufen weil da eine Auslandssteuer drauf kommt, da haben wir uns bei LKW-Fahrern durchgeschnorrt. Was interessant ist, weil wir den abgesaugt haben, haben wir die Farbe gesehen. Sehr erstaunlich in welchen Farben es diesen gibt, von grün und braun und gelb bis orange oder rot.i
Frage 9, fahrzeugspezifisch: Welche Getriebevariante (4-Gang Automatik, 4-Gang manuell oder 5-Gang manuell) hattet ihr – und hättet ihr euch eine andere gewünscht?
Kenne mich bei den Modellen ja immer noch nicht aus, aber wir haben eine Viergang, manuelle Schaltung. Manchmal wäre ein kleiner Gang der Hammer. Im Gelände oder am steilen Berg ist der erste Gang fast zu klein mit dem Hänger.
Frage 10, fahrzeugspezifisch: Fahrzeuge der damaligen Daimler-Benz AG wie der W114, W123, W124 aber auch euer W201 sind prädestiniert für ihre Langlebigkeit – in welchen Regionen/Ländern habt ihr ein besonders hohes Aufkommen solcher Fahrzeuge bemerkt?
In Afrika, Marokko überall in der Gegend.
Wer nun auf den Geschmack gekommen ist und die restlichen als auch zukünftigen Geschichten von Melanie und Stefan verfolgen möchte, kann dies zum Beispiel auf Facebook tun.
Schönes Interview, danke dafür!
Die Tour hat ja fast schon was besoldeskes, auch wenn die beiden sicher etwas seriöser wirken dürften.